Das Wohngebäude am Wilhelmitorwall 24 gehört zu den prägenden Gründerzeitvillen entlang der Braunschweiger Wallanlagen und ist Teil eines der begehrtesten innerstädtischen Wohnquartiere. Die historische Bausubstanz, die grünen Freiräume des Walls und die Nähe zur Oker definieren den besonderen stadträumlichen Kontext. Auf Grundlage eines Kurzgutachtens sowie eines detaillierten Modernisierungsgutachtens wurde der Bestand umfassend analysiert und ein Modernisierungskonzept entwickelt, das Substanzerhalt, bautechnische Ertüchtigung und einen zeitgemäßen Wohnstandard miteinander verbindet.
Die um 1919 errichtete Villa zeigt eine massive Bauweise mit vollständig unterkellertem Sockel, einer charakteristischen Holzdachkonstruktion sowie Naturstein- und Ziegelfassaden mit Sandsteingliederungen und profilierten Gesimsen. Witterungseinflüsse und spätere Eingriffe hatten über die Jahrzehnte erhebliche Schäden verursacht: ausgewitterte und fehlende Fugen, zerstörte Sandsteinprofile, Verfärbungen und abplatzende Beschichtungen, flächige Durchfeuchtungen im Sockelbereich sowie energetisch und bauphysikalisch unzureichende Fenster. Nicht genehmigungsfähige Anbauten – darunter ein Wintergarten und eine Dachterrasse – beeinträchtigten die ursprüngliche architektonische Klarheit. Die Bestandsaufnahme bestätigte darüber hinaus die im Gutachten beschriebenen substantiellen Schäden an der Bausubstanz, wie sie für denkmalgeschützte Wohngebäude aus dieser Epoche typisch sind.
Ein Schwerpunkt des Projekts lag in der denkmalgerechten Instandsetzung der Naturstein- und Ziegelfassade. Im Sockelbereich wurden zerstörte Sandsteine ersetzt, Gesimse reprofiliert und die gesamte Fassade neu verfugt. Abhängig vom Untergrund kamen abgestimmte Reinigungsverfahren – Heißwasser, chemische Reinigung oder Niederdruckstrahltechnik – zum Einsatz, um die historische Oberfläche zu erhalten und den Wasserablauf an der Fassade wieder funktionsfähig zu machen. Im Innenbereich wurden infolge fehlender horizontaler und vertikaler Abdichtungen Feuchtelasten festgestellt. Der Rückbau nicht-originaler Wandbekleidungen, eine technische Belüftung des Kellergeschosses sowie Maßnahmen zur Salzreduzierung dienen der langfristigen Stabilisierung des Feuchtehaushalts und dem Erhalt der Bausubstanz.
Die Dachkonstruktion stellte einen weiteren wesentlichen Eingriff dar. Pilzbefall, Braunfäule und statische Schwächungen an Sparren, Pfetten, Stielen und Kniestock erforderten eine vollständige Erneuerung der Holzkonstruktion. Aufgrund der komplexen Anschlussdetails an massive Sandsteingesimse wurde die neue Dachkonstruktion in Abstimmung mit dem Statiker entwickelt und umfasst neue Schalungen, Eindeckung, Entwässerung sowie eine konstruktive Sicherung der Natursteinteile.
Zur Verbesserung des energetischen Standards und des Wohnkomforts wurden neue Holzfenster mit historischer Profilierung vorgesehen, die den Bestand ersetzen und heutigen Anforderungen an Wärme- und Schallschutz – insbesondere zur Straßenseite – entsprechen. Die denkmalprägende Eingangstür konnte aufgrund ihres guten Erhaltungszustandes restauriert und weiter genutzt werden. Die im Gutachten empfohlene behutsame Integration moderner technischer Systeme erfolgte in Abstimmung mit dem Denkmalamt und ohne Eingriff in die charakteristischen Räume und Oberflächen des Hauses.
Mit der Sanierung entsteht ein substanzgesichertes und energetisch modernisiertes Wohngebäude, das seine historische Identität bewahrt und gleichzeitig die Anforderungen an zeitgemäßes Wohnen erfüllt. Der Entwurf respektiert die architektonische Haltung des Bestands, stärkt seine gestalterischen Qualitäten und führt die Gründerzeitarchitektur in einer klaren, heutigen Sprache weiter.
BGF: k. Angabe
Bauherr: privat
Architekten: ft+ architekten, Braunschweig
Leistungen: LPH 1 - 8 nach HOAI
Projektarchitekten: Stefanie Kunze
Fotos: Sven Otte





